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Klimaschutz

Kick-Off im Klimapakt2030plus: „Metropolregion Nürnberg kann bundesweit richtungsweisend werden“

Gemeinsam die Energiewende schaffen – über kommunale Grenzen hinweg, organisiert von einem ambitionierten, interdisziplinären Team aus Wissenschaft, Politik und Energiewirtschaft. Das ist die Vision des Klimapaktes2030plus, für den am 17. und 18. Juli bei einem Kick-Off-Event mit allen beteiligten Projektorganisationen in Nürnberg der Startschuss fiel. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das auf fünf Jahre angelegte Vorhaben der Metropolregion Nürnberg mit 4,6 Millionen Euro.

Ende 2022 nahm das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Projekt „Klimapakt2030plus – Energiewende in der Metropolregion Nürnberg“ in das Förderprogramm FONA (Forschung für Nachhaltigkeit) auf. Sechs Organisationen, darunter vier Wissenschaftseinrichtungen, realisieren das fünfjährige Projektvorhaben, mit dem die sozial-ökologische Transformation Nordbayerns beschleunigt werden soll. Als Projektpartner arbeiten dafür die Geschäftsstelle der Metropolregion Nürnberg, die ENERGIEregion Nürnberg, die HafenCity Universität Hamburg sowie Wissenschaftler:innen der Friedrich-Alexander-Universität, der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und der Hochschule Coburg zusammen, deren technologieorientierte Arbeit am Energie Campus Nürnberg koordiniert wird. 

„Mit Bildung und Forschung wollen wir dazu beitragen, das Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich zu steigern und innovative Ideen zur Erhöhung der Sanierungsquote im Gebäudebestand zu entwickeln“, fasste Christine Fey vom BMBF die strategische Idee anlässlich des Projektauftaktes zusammen. Die Metropolregion Nürnberg kann von dieser Unterstützung des Bundes nur profitieren: „Das Projekt eröffnet neue Chancen für mehr Wertschöpfung, für Innovationskraft und Resilienz in der Region“, so Fey.

Energiewende: Kommunal verantwortet, regional gemeistert

Bundesweit einmalig ist die Dimension des Projektvorhabens im Klimapakt2030plus: So gilt es 23 Landkreise und elf kreisfreie Städte mit ihren politischen Spitzen und öffentlichen Verwaltungen ins Boot zu holen. Im Zusammenspiel mit den rund 60 Energieunternehmen, die auf ihrem Gebiet tätig sind, soll das regionale Energiesystem als Ganzes dekarbonisiert werden. Dr. Florian Janik, stellvertretender Ratsvorsitzender der Metropolregion Nürnberg, dazu: „Theoretische Einigkeit über unsere Klimaziele reicht nicht mehr aus. Wir brauchen Konsens in der Praxis. Die Energiewende schafft für jede Kommune in der Metropolregion andere Kosten und Mehrwerte. Das müssen wir politisch ausmoderieren.“ Klar sei dabei auch: „Wir brauchen uns als Stadt und Land gegenseitig.“ Denn während Städte wie Bayreuth, Erlangen oder Nürnberg wohl auch künftig die regionalen Knotenpunkte für Industrie, Wissenschaft und Logistik bilden, wird der Großteil des grünen Energiebedarfes in der Region in den umliegenden ländlichen Gebieten gedeckt werden. „Es reicht also noch nicht, wenn einzelne Kommunen vorangehen und schon jetzt energieautark sind. Wir brauchen künftig viele Bruttoerzeuger regenerativer Energie und den Blick für das gemeinsame Ganze der Region“, so Janik in seinem Grußwort zum Start des Klimapaktes2030plus in Nürnberg. Dass die Stadt-Land-Allianz in der Metropolregion Nürnberg bereits seit Langem verankert ist, sei ein wichtiger Erfolgsfaktor, meint auch Christine Fey vom BMBF und prognostiziert: „Als Experimentierraum für die Energiewende kann die Region bundesweit richtungsweisend werden.“

Tatsächlich baut die Metropolregion ihren Klimapakt2030plus auf guten Grundlagen: So haben bereits alle Kommunen in einem ersten Klimapakt 2011 eine gemeinsame Strategie auf dem Weg in die Klimaneutralität formuliert und diese 2017 an die Pariser Klimabeschlüsse angepasst. Im Klimapakt2030plus gilt es nun die Ziele der Metropolregion zu erneuern. Hilfreich werden dafür neben dem neu berufenen Lenkungskreis für den Klimapakt2030plus auch „die Foren und Initiativkreise, die in der Metropolregion bereits seit mehreren Jahren starke Treiber und Netzwerke im Klimaschutz“ sind, hob Britta Walthelm zum Projektstart am 17. Juli hervor: Walthelm ist sowohl Geschäftsführerin des Forums Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung der Metropolregion Nürnberg wie auch Umweltreferentin der Stadt Nürnberg und hat die fachliche Führung für den Klimapakt2030plus.

Fahrplan für fünf Jahre: Was der Klimapakt2030plus leistet

In den nächsten Jahren geht es jetzt darum, die Energieversorgung in der Region über alle Sektoren hinweg umzubauen, effizienter zu vernetzen und schnellstmöglich von fossilen Energieträgern unabhängig zu machen. Die Projektpartner wollen dafür auch die energetische Gebäudesanierung in der Region kräftig ankurbeln. Ein erster Schritt wird es sein, bis 2024 den Klimapakt der Metropolregion mit Bürgermeister:innen und Landräten weiterzuentwickeln und als verbindliches politisches Zielpapier in allen Kommunen zu implementieren. Die politische Steuerung dafür wird ein Lenkungskreis übernehmen, dem u.a. Peter Berek, Landrat im Landkreis Wunsiedel, vorsitzen wird: „Die Metropolregion liegt aktuell noch etwa 30% hinter ihren CO2-Einspar-Erfordernissen zurück. Wir verstehen die Entkoppelung unseres Energieverbrauchs von fossilen Brennstoffen aber nicht nur als notwendig, sondern als Chance für Bürger, Lebensqualität und Wertschöpfung in unserer Region.“

Kommunen und Energieversorger erhalten deshalb bei dieser Aufgabe wissenschaftliche Unterstützung für die Praxis: Am Energie Campus Nürnberg wird ein neues „Simulationstool Energieflüsse“ entwickelt, mit dem Strom- und Wärmeströme sowie Verkehrsknoten der Elektromobilität  für das komplette Gebiet der Metropolregion abgebildet und die Effekte neuer Anlagen wie Windräder und Batteriespeicher im Netz modelliert werden können. So können Kommunen systematisch Synergien auch über die eigenen Verwaltungsgrenzen hinweg erschließen oder an Netzengstellen Abregelungen von großen Stromerzeugungsanlagen vorbeugen. Ebenso kann das Tool die kommunale Wärmeplanung und das Energiemanagement erleichtern. „In dem Simulationsmodell können sehr ausdifferenzierte Szenarien durchgespielt werden – und es wird trotzdem so konzipiert, dass es gut handhabbar für Planer in öffentlichen Verwaltungen oder Stadtwerken ist“, so Forschungskoordinator Dr. Thomas Pircher am 17. Juli.

Gesellschaftliche Kippmomente als Motor nutzen

Als Brückenbauer zwischen Energieversorgern, Kommunen, zivilgesellschaftlichen Organisationen sowie privaten Hauseigentümer*innen sowie den Wissenschaftler*innen im Klimapakt2030plus fungiert die ENERGIEregion Nürnberg e.V. Sie leitet die beiden sogenannten Reallabore "Transformation Energieversorgung" und "Transformation Gebäudebestand", in denen gemeinsam mit den Akteuren aus der Praxis neue regionale Netzwerkstrukturen aufgebaut, interkommunale Zusammenarbeit in Projekten initiiert und zielführende Schulungs-, Beratungs- und Beteiligungsformate entwickelt werden, um den nachhaltigen Umbau der Energieversorgung und die energetische Sanierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden wesentlich zu beschleunigen.

Zudem ist ein sozialwissenschaftliches Forschungsteam um den Stadt- und Regionalforscher Prof. Dr. Jörg Knieling von der HafenCity Universität Hamburg im Projekt engagiert, das die angestoßenen Transformationsmaßnahmen in Bezug auf deren soziale Akzeptanz und Wirksamkeit evaluiert. Die Ergebnisse ihrer Arbeit werden in einen sozial-ökologischen Transformationsleitfaden für die Region einfließen. „Es gibt gesellschaftliche Kippmomente und Konstellationen, in denen kann die Energiewende großen Schwung gewinnen – da setzen wir als Sozialwissenschaftler vor Ort an“, so  Knieling, der gleichzeitig Vizepräsident seiner Universität ist.

Ins Plenum zugeschaltet aus Bonn: Christine Fey aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. © Kristin Zeug/ Energie Campus Nürnberg

v.l.: Britta Walthelm (Forum für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung der Metropolregion) im Gespräch mit Benjamin Freier (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt im Auftrag des BMBF) und Wolfgang Müller (Forum für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung der Metropolregion) © Kristin Zeug/ Energie Campus

Workshop unter den Projektpartner:innen: Welche technologischen Ziele wollen wir bis 2030 in der Region realisiert haben? © Kristin Zeug/ Energie Campus Nürnberg

Dr. Thomas Pircher stellte Fähigkeiten und Entwicklungsfahrplan des neuen Simulationsmodells für die Metropolregion vor. © Kristin Zeug/ Energie Campus Nürnberg

Gelegenheit für Begegnung: Beim Kick-Off trafen sich knapp 25 Projektmitarbeiter:innen aus sechs Institutionen, Vertreter des Bundesministeriums und Gastreferent:innen erstmals live in Nürnberg. Im Vordergrund: (v.l.) Maike Rothwinkler (Geschäftsstelle Metropolregion Nürnberg), Prof.Dr. Jörg Knieling (HafenCity Universität Hamburg) und Sebastian Hemmer (Projektkoordinator Klimapakt2030plus bei der Metropolregion Nürnberg). © Kristin Zeug/ Energie Campus Nürnberg

Workshop unter Projektpartner:innen: Welche Fortschritte wollen wir bis 2030 in der regionalen und kommunalen Klimapolitik der Metropolregion erreicht haben? Hier im Bild (v.l.): Tabea Bozada (Metropolregion Nürnberg) und Greta Gabsch (HafenCity Universität Nürnberg) © Kristin Zeug/ Energie Campus Nürnberg

(Vorne im Bild, v.l.) Ines Eichmüller und Simon Reichenwallner von der ENERGIEregion Nürnberg steuern und konzipieren die interdisziplinäre Arbeit in zwei Reallaboren des Klimapaktes 2030plus. ("Transformation Energieversorgung" / "Transformation Gebäudebestand") © Kristin Zeug/ Energie Campus Nürnberg

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