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ushi f & Walter Gramming

Multimediale Grenzüberschreiter zwischen Brandenburg und Franken.

Seit 1994 arbeiten sie künstlerisch zusammen und seit 2013 sind sie (wieder) in Franken: die Künstler des Monats ushi f und Walter Gramming. Grammings Familie stammt aus Schwabach; er selbst ist in Neustadt an der Aisch geboren und aufgewachsen, um dann zum Studium und für viele weitere Jahre nach Berlin zu gehen. ushi f ist in Berlin geboren, aber während 10 Jahren ihrer Kindheit in den Sommerferien immer in Unterfranken gewesen und ausgeprägter Franken-Fan. Was gefällt den beiden an Franken? Das Sinnliche – das Genießen auch des Einfachen, des Alltäglichen - die Unmittelbarkeit in jeder Beziehung.

Gramming studierte visuelle Kommunikation an der Hochschule der Künste in Berlin und war Meisterschüler bei Prof. Ramsbott. Seit 1978 ist er freischaffender Künstler. Von 1997 bis 2005 hatte er Lehraufträge für Video an der Universität der Künste Berlin und an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee inne. Zahlreiche Ausstellungen, Symposien und Stipendien im In- und Ausland zeichnen seinen Werdegang. Zudem ist er Musiker und komponiert z. B. auch die Filmmusik für die eigenen Filme. Früh war er in der Videoszene aktiv. Teils dokumentarische Ansätze in diesem Genre stehen jedoch nie für sich, sondern sind immer ästhetisch überformt und mit politischen und/oder sozialen Aussagen versehen.

ushi f studierte zunächst Germanistik und Theaterwissenschaft, absolvierte den Master of Arts an der University of Wisconsin, Madison, USA und arbeitete von 1987 bis 1989 bei dem DDR-Dramatiker Heiner Müller. 1990 bis 1992 war sie Dozentin an der University of New Hampshire, Durham, USA und ist seit 1987 freischaffende Künstlerin. 2000 bis 2003 leitete sie den Fachbereich Bildende Kunst bei der Gedok Berlin. Ihre künstlerischen Schwerpunkte sind Video, Fotografie, Installationen, Performances, Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau.

Beide Künstler sind mit eigenen Projekten, aber vor allem gemeinsam tätig. Ihre Kunst überschreitet dabei oft Grenzen aller Art und ist schwer einzuordnen. Viele Werke können zusammengefasst werden als filmische und /oder installatorische Annäherungen an Historie, Gesellschaft und soziale Themen auf ästhetischen Wegen. Bedeutsame Inhalte werden transportiert, aber immer über künstlerische Mittel.

Oft könnte man als Überthema ihrer Werke den Titel „Synapsen“ wählen, den sie auch selbst verwenden. Verstanden werden kann darunter das Neuzusammensetzen von Gedanken zur Schaffung neuer Bedeutung. Auch der Begriff „Multimedia“ trifft auf ihre Kunst gut zu; denn mittels Collagen, Assemblagen, Filmen und Installationen verknüpfen sie historische Tatsachen mit individuellen Erfahrungen. Neue Kontexte herzustellen, ist ein wichtiges Movens ihrer Kunst, weshalb der Begriff „in situ“ eine große Rolle spielt. Viele Werke greifen einen Zusammenhang mit dem Ort, mit einer Geschichte oder einem Ereignis auf - eben das Ortsspezifische. Für ortung VIII in Schwabach 2013 wurde so ein Projekt entwickelt, das sich spezifisch mit der Blattgoldstadt und im Besonderen mit den Goldbeschneiderinnen auseinandersetzte. Grammings Tante Käthe war Goldbeschneiderin und über sie gab es Anknüpfungspunkte zu anderen Frauen dieser Zunft. Das entstandene Kunstwerk bestand aus neun mit Neonacrylstreifen gerahmten ovalen Medaillons aus bedruckten Forex-Scheiben, in die das Neonflechtwerk eingearbeitet wurde. Die Medaillons – traditionell Erinnerung ausdrückend - rückten die Frauen und einen spezifischen Beruf in den Focus und wiederbelebten örtliche Spezifika. „Wichtig war uns bei diesem Werk, die Schwabacher Arbeiterinnen wieder verstärkt ins öffentliche Gedächtnis zu holen“, erläutert Gramming.

Das spezielle Plexiglas, das ushi f und Walter Gramming hierbei benutzten – und das in ihren Werken seit den 2000er Jahren vorkommt, sammelt das natürliche Licht auf den Flächen und gibt es leuchtend an den Kanten ab. Schon eingesetzt haben es die Künstler z. B. bei spezifischen Arbeiten für Landesgartenschauen im Land Brandenburg so in Eberswalde und Rathenow und in Oranienburg bei einer Arbeit zum KZ Sachsenhausen. Es ist auch heute noch fester Bestandteil ihrer Arbeiten. Neonacryl fand auch Verwendung in einem KunstamBau-Projekt 2004/5 im Park der Klinik für Forensische Psychiatrie in Eberswalde mit dem Titel „man sieht nur mit dem Herzen gut“. Die Klinikbewohner wurden aufgefordert, aus „Der kleine Prinz“ ihnen für sie wichtige Merksätze auszuwählen. Sie wurden in NeonAcryl ausgelasert und in transparenten Kuben präsentiert. Bei dieser Arbeit kam vor allem der Vermittlungskompetenz der Künstler eine große Verantwortung zu. Gemeinsames und Identitätsstiftendes zu schaffen war dabei die Herausforderung – auch dieses ein Spezifikum in der Herangehensweise des Künstlerpaares, das oft Recherchen und Interviews einsetzt und interaktiv mit Zielgruppen arbeitet, um Themen ausgiebig zu beleuchten.

Mit ihren multimedialen Installationen sind ushi f und Walter Gramming seit vielen Jahren international aktiv, so in den USA, Mexico, Italien, HongKong. Aus familiären Gründen haben sie sich seit 2013 in Neustadt/Aisch niedergelassen, dort die Künstlervereinigung KiNA gegründet und sind seither in der Metropolregion – aber weiterhin ebenso in Berlin/Brandenburg - mit vielen Einzel- und Gruppenausstellungen präsent. Bei der Kulturnacht in Neustadt 2014 waren im Bleichweiher „Trunkene Najaden“ zu sehen, im Kunstverein Erlangen 2015 die Werkschau „zweier Herzschlag a/synchron“. Kritik an der Kolonialisierung  „Machbubas Wege“ übte die filmische Performance in der Tongrube in Neustadt 2002. Mit der Arbeit nature morte & DJ bee 2018 wurden ushi f undWalter Gramming mit seinen Zeichnungen waben-schweben-lieben für den Kunstpreis Ansbach nominiert. Gramming erhielt dort den Sonderpreis Zeichnung.

Auch boten die von beiden kuratierten Ausstellungen der KiNA, Plattformen für überregionale Künstler und Diskussions-Foren. „Das Krankenhaus im Alten Schloss“ 2016 mit Stimmen und Bildern von Zeitzeugen im Neustädter Schloss Annäherungen an Geburt, Krankheit, Tod und „Sum, sum, sum…“ 2018 zum Thema Kunst und Bienen.

Die Pandemie nutzten die Künstler u.a., um den Film „Die Neustädter und die Lindenstraße“ zu realisieren, wuchs doch der Erfinder und Produzent der „Lindenstraße“ Hans W. Geissendörfer in Neustadt auf, wo auch noch ein Teil seiner Familie lebt. Das Neustädter Pfarrhaus „Tabor“ war Vorbild für Charaktere und Ereignisse der Lindenstraße.

Auf ein mehr als umfassendes Schaffen können die beiden Künstler zurückblicken und orientieren sich dabei an einem Motto, das ihnen der Filmautor Hans Helmut Prinzler mitgegeben hat: „Man muss nur Mut haben, dann kann man das, was man träumt auch umsetzen“. Das tun die Künstler ausgiebig. Demnächst zu sehen sind Arbeiten von ushi f und Walter Gramming in einer Gruppenausstellung der KiNA ab 6. Januar bis 29. März 2023 in der Sparkasse Neustadt/Aisch.

https://waltergramming.wixsite.com/ushi-f

Text: S. Hoffmann-Rivero, Kulturamtsleiterin der Stadt Schwabach

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